Vulkanseismologie

Seismische Überwachung und numerische Modellierung der Signale von Vulkanen

Seismische Überwachung von Vulkanen, die Analyse der seismischen Daten und die numerische Modellierung dieser Signale tragen zum besseren Verständnis von Gefährdung bei, die von Vulkanen ausgehen. Hierzu zählen beispielsweise Strömungsprozesse wie Lavaströme, Schlammströme, Ascheströme und pyroklastische Ströme, die normalerweise auf Täler in der Umgebung des Vulkans beschränkt sind. Im Gegensatz dazu können Ablagerungen von Fallprozessen wie Vulkanbomben, Lapilli und feiner Asche, die durch die Luft transportiert werden, über den Kraterrand gehoben werden und sich vom Krater in alle Richtungen ansammeln. Diese Ablagerungen können sogar in weit entfernten Gebieten gefunden werden und stellen ein Risiko für Regionen in großer Entfernung vom Vulkan dar. In ähnlicher Weise ist die Gefahr durch vulkanische Entgasung sowohl in kurzer Entfernung als auch auf globaler Ebene relevant. Weitere Gefahren ergeben sich aus Massenbewegungen wie Erdrutschen aufgrund von Flankeninstabilitäten. Diese können ebenso wie submarine Vulkanausbrüche vulkanische Tsunamis erzeugen. Physikalische Modelle helfen hier, die Physik des Eruptionsprozesses und des Transport- und Ablagerungsprozesses besser zu verstehen und somit sowohl die individuelle Gefährdung  als auch das damit verbundene Risiko zu quantifizieren.

Durchgeführte numerische Modellierungsstudien befassen sich mit der Analyse vulkanischer Gefahren und ihren Auswirkungen auf kritische Infrastrukturen und Bevölkerungen. Für einen erneuten Ausbruch des Vulkans Laacher See mit einer vergleichbaren Eruptionsintensität wie der Ausbruch von 10900 v. Chr. simulierte Leder (2015) verschiedene Fallout-Szenarien unter Verwendung eines heutigen Windfelds, das aus 44 Jahren Funksonden-Beobachtung abgeleitet wurde. Die Fallouts feiner Ascheteilchen breiten sich hauptsächlich nach Westen aus mit einigen Abweichungen nach Norden und Süden und betreffen die Städte Köln, Bonn, Koblenz und Frankfurt. Schuh (2016) berechnete, dass - abhängig von der Windgeschwindigkeit - eine Fläche zwischen 770 km² und 850 km² mit mindestens 1 m und eine Fläche zwischen 4800 km² und 5800 km² mit mindestens 0,1 m Asche bedeckt werden würde. Dies entspricht einer Abdeckung der deutschen Autobahn auf einer Gesamtlänge von 280 km - 340 km. Dietzmann (2016) untersuchte den Einfluss von Vulkanasche auf Atemwegserkrankungen und quantifizierte die zusätzliche Anzahl medizinischen Personals sowie medizinischer Geräte, die bei einem erneuten Ausbruch des Vulkans Laacher See benötigt würden. Ein Vergleich verschiedener Modellierungswerkzeuge für Ascheablagerungen wurde von Steinau (2017) durchgeführt.

Seismische Überwachung wird von der Gruppe seit 2018 am Vulkan Santiaguito (Guatemala) mithilfe eines Echtzeit-Netzwerks durchgeführt. Mehrere seismische Breitbandstationen zeichnen kontinuierlich seismische Daten auf. Die Analyse erlaubt ein besseres Verständnis der Quellmechanismen von Explosionen (Rohnacher et al., 2021) und vulkanischen Tremors (Gottschämmer et al., 2021).